Inhalt des Kurses
User Experience Design
Studierende lernten, die User Experience durch einen ganzheitlichen Designprozess zu gestalten, beginnend mit der Problemdefinition bis hin zum App-Prototypen.
Projektthema
Im Mittelpunkt stand die Gestaltung optimaler Nutzererlebnisse unter Verwendung von UX-Designmethoden. Der Prozess umfasste User Research, Konzeptentwicklung, Entwürfe und das Prototyping, speziell ausgerichtet auf die Entwicklung einer App für Smartphones. Die Projekte waren jeweils zugeschnitten auf spezifische Anwendungsbereiche wie Gesundheit, Organisation oder Produktivität.
Inhalt des Faches
Die Teilnehmenden des Kurses erwarben methodische und analytische Fähigkeiten, um UX-Designkonzepte effektiv umzusetzen. Sie lernten, Nutzerforschungsmethoden wie User Journeys, Experten- und Konsumentenbefragungen oder Stakeholdermaps anzuwenden, um Anforderungen zu analysieren und unterschiedliche Nutzergruppen zu definieren. Durch die Anwendung von Designmethoden wurde ein iterativer Gestaltungsprozess durchlaufen, in dem Prototypen verschiedener Ausarbeitungsgrade erstellt und hinsichtlich ihrer Benutzbarkeit und Usability getestet wurden. Als Ergebnis setzten die Studierenden eine App für Smartphones oder Tablet prototypisch um, mit dem Ziel, ein tiefes Verständnis für die Bedeutung der Nutzererfahrung in der Gestaltung von Anwendungen zu vermitteln und sie zu befähigen, intuitive und ansprechende Benutzeroberflächen zu gestalten.
Polys
1. Problemstellung
2. Recherche und Analyse
3. Methodische Ansätze
4. Sammlungen und Zusammenführungen
5. Ausarbeitung
6. Spielprinzipien und Spieleauswahl
7. Prototyp
Einleitung
Integration ist eine entscheidende Herausforderung unserer Zeit, die Flüchtlinge vor große Hürden stellen. Neben der Bewältigung der Fluchterfahrungen müssen sie sich in einer neuen Umgebung orientieren und erfolgreich integrieren. Ein wichtiger Bestandteil dieses Prozesses ist die frühzeitige Sprachförderung, die für schulischen und sozialen Erfolg unerlässlich ist. Doch wie kann diese Sprachförderung optimal unterstützt werden, wenn herkömmliche Ansätze häufig an ihre Grenzen stoßen?
Hier setzt unsere App an. Polys ist eine speziell entwickelte Kinderspielapp, die darauf abzielt, Flüchtlingskindern auf spielerische Weise die deutsche Sprache und Kultur näherzubringen. Durch interaktive Spiele und Geschichten wird das Lernen zu einem unterhaltsamen Erlebnis, das die Kinder motiviert und ihnen hilft, sprachliche und kulturelle Hürden zu überwinden. Solche innovativen Ansätze sind unerlässlich, um den Integrationsprozess zu unterstützen und den Kindern eine erfolgreiche Zukunft in ihrer neuen Heimat zu ermöglichen.
1. Problemstellung
In der Aufgabenstellung werden viele verschiedene Problemfelder genannt, mit denen wir uns zu Beginn beschäftigen konnten. Die Hauptprobleme, mit denen die Gesellschaft konfrontiert ist, sind nicht zuletzt der Spracherwerb, die soziokulturelle Integration durch Kultur und Arbeit, die Bildung und die soziale Teilhabe an den Mitmenschen. Mit der zentralen Gestaltungsanforderung, eine App zu entwickeln, die Flüchtlingen hilft, sich in der deutschen Gesellschaft zurechtzufinden und Unterstützung bei der Integration zu finden, wurde uns erst im Laufe des Recherche- und Analyseprozesses erst klar, dass wir Flüchtlingskinder im Schulalter zwischen 6 und 12 Jahren als Zielgruppe betrachten werden. In den folgenden Kapiteln versuchen wir, nicht nur die Entscheidungsfindung aufzudecken sondern auch unser methodisches und kreatives Vorgehen vom Entwurf bis zum fertigen interaktiven Prototyp im Detail zu erläutern.
2. Recherche und Analyse
Zu Beginn haben wir versucht, die Probleme der Flüchtlinge in ihre Teilprobleme zu unterteilen, um ein Gesamtbild des Phänomens zu erhalten. Es stellte sich heraus, dass sich ihre Herausforderungen in interne und externe Umstände unterteilen lassen. So tragen beispielsweise fehlende Deutschkenntnisse oder nicht erfüllte Qualifikationen zu einem erhöhten Risiko für Arbeitslosigkeit bei, während andere Erfahrungen - seien es Traumata, Diskriminierung und die Erlebnisse in dem Bürokratiesystem - die Problemfelder weiter erweitern. Zu den wichtigsten Faktoren gehören vor allem Bildung und Sprache, die eine wesentliche Grundlage für die Lebenserfahrung der Flüchtlinge bilden, vom Aufenthaltsstatus über die Beschäftigung bis hin zur sozialen Integration in die Gesellschaft.
Noch vor dem Kapitel über die methodische Ausarbeitung ist es wichtig zu klären, dass wir unsere groben Ideen zunächst sortieren und kategorisieren mussten. Dabei nutzten wir Methoden wie die How Might We’s, 5 Whys und insbesondere Big Ideas. Letztere halfen uns, vielfältige Ideen präzise zu erfassen, darunter verschiedene Begleiterapps, die hauptsächlich bürokratische, soziale und sprachbezogene Dienstleistungen anbieten. Nach dem Clustering und der Anordnung in der Prioritization Grid haben wir aus unseren persönlichen Picks die vielversprechendsten Ideen herausgesucht.
Die Ergebnisse aus den 5 Whys und den How Might We’s haben ergeben, dass gerade die Isolation und soziale Rückzug von Menschen für Schwierigkeiten sorgen, sich in neuartige soziale Strukturen einzugliedern. Und mitten im Kindesalter und frühen Teenageralter setzen für ein Flüchtlingskind wichtige soziolkulturelle Integrationssprozesse wie die Kontaktfindung mit Gleichaltrigen und die Eingliederung in das Schulsystem, welche erst durch Sprachvermittlung ermöglicht werden. Am Ende sollte es also der Online-Spielplatz werden, eine App, die sich speziell an Kinder richtet und ihnen auf spielerische Art und Weise die deutsche Sprache vermitteln soll.
3. Methodische Ansätze
Die Abstimmung in der Gruppe ergab also, dass unsere Zielgruppe die Flüchtlingskinder sind, deren Sprachförderung im sozialen Bereich an erster Stelle steht. Weitere methodische Ansätze sollen uns helfen, unsere Idee zu verfeinern und die Anforderungen im Detail auszuarbeiten, bevor wir mit der ersten visuellen Gestaltung beginnen. Die Solution Sketches haben bereits erste Ideen geliefert, wie die Benutzeroberflächen des Kinderspiels aussehen könnten. Bei den Hills bestand die Aufgabe darin, die Zielgruppe und die Interaktionshandlung, sei es die gesprochene Anwendung von deutschen Wörtern, zusätzlich mit einem Wow-Feature zu verknüpfen, indem wir unter anderem einen intelligenten Buddy integrieren oder eine mehrsprachige UI aufsetzen.
Neben ersten Spieleentwürfen haben wir zusammen auch noch Low Quality Flows entworfen, die skizzenhaft den Benutzungskontext aufzeigen sollten. Die zahlreich genannten Herangehensweisen haben uns schließlich in unserer Annahme bestätigt, dass wir nicht Duolingo 2.0 entwerfen wollen, sondern ein Serious Game, das auf Spaß als zentrales Fundament aufbauen soll. Und mithilfe intelligenter und personalisierter Unterstützung durch einen Buddy und durch spaßige, aber auch lehrreiche Minispiele sollen die Sprache und Kultur unterschwellig vermittelt werden.
4. Sammlungen und Zusammenführungen
Zunächst konnten wir einen wichtigen Meilenstein verbuchen, dass wir durch fundierte Recherche und zahlreiche Iterationen und Analysen die Quintessenz unserer App im Kern erfasst haben. Wir möchten Flüchtlingskindern, welche sonst in Deutschland Schwierigkeiten hätten, die Möglichkeit geben, sich zu entfalten und ein eigenes Leben aufzubauen. Dies möchten wir schaffen, indem wir Verständnis, Wissen und Fähigkeiten vermitteln, um die richtigen Sprachgrundlagen zu schaffen. Unser “Cupcake” genanntes Apperlebnis wird nun alle Funktionen, Interaktionsmethoden und Designelemente enthalten, die wir im Rahmen des Projekts bis zu diesem Semesterende fertiggestellt haben.
Mit unserer klaren Vision vor Augen - unserem “Gestaltungsleuchtturm” - begannen wir die Vorbereitungsphase, in der wir zunächst einzelne Artefakte und Inspirationen sammelten. Mit dem gewonnenen Verständnis darüber, was Serious Games ausmacht und wie der spielerische Lernprozess bei Kindern aussieht, betrachten wir nun Konzepte und reale Beispiele aus dem Internet. Dabei achten wir genaustens darauf, was die Appgestaltung für Kinderspiele im Vergleich zu Apps für ältere und heterogenere Zielgruppen so besonders macht. In unserem Moodboard haben wir alle unsere Funde festgehalten, die unserer Vorstellung von virtuellen Stadt als Kinderspielplatz entsprechen.
Von Low-Poly über verschiedene Comic-Stile mit starken Konturen, 3D-Pixel und Voxel-Art bis hin zu detaillierten Illustrationen haben wir uns auch den Designstil des Spiels angesehen, um das richtige Gefühl und Ambiente für die App zu finden. Wir haben uns schließlich für Low-Poly entschieden, weil es unter anderem die räumliche Wahrnehmung und den Transfer in die reale Welt fördert und im Vergleich zur Pixel-Darstellung auch mehr Möglichkeiten für Interaktionen und Animationen bietet, was das Spielerlebnis dynamischer und damit spannender für Kinder macht. Und mit den ersten Ausarbeitungen waren wir auch froh, zur erweiterten Ausarbeitung übergehen zu können.
5. Ausarbeitung
Zu jedem Gestaltungsprojekt im Bereich von Application und User Experience Design durften die wichtigsten Bestandteile wie der Style und Color Guide, die Typografie und sonstige Komponenten wie Iconsets selbstverständlich nicht fehlen. Auch wenn wir nun stärker im Game Design agierten, bleiben die Gestaltungsprinzipien unverändert. Während die Farben das natürliche Aussehen einer virtuellen aber doch real anmutenden Stadt wiederzugeben versuchen, sollten die Schriftarten nicht nur die Spielästhetik an sich ausstrahlen sondern auch noch funktional sein, indem sie das kyrillische oder arabische Schriftsystem unterstützen.
Unsere praktische Gestaltungsarbeit gliederte sich in die Erstellung von Materialien und Assets für das Stadt- und Spielebild, den Entwurf und die Modellierung der virtuellen Stadt sowie die Gestaltung und prototyptechnische Umsetzung der Benutzeroberflächen auf. Nach und nach setzten wir unsere Teilergebnisse zu ganzen Werken zusammen. Und so entstanden die ersten Screens des vollwertigen Prototyps, die das interaktive Stadtbild oder die ersten Spielszenen der Bäckerei, eines der drei Minispiele, zeigten.
6. Spielprinzipien und Spieleauswahl
Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal, welches wir uns von Konzeptbeschluss an gesetzt haben, war die Unterscheidung von klassischen Apps wie Babbel und Duolingo. Wenn die Bildung Spaß machen soll, dann soll es nicht dadurch geschehen, indem wir Stapel an Wortkarten nach jedem gesprochenen Satz oder rot unterkringelte Wortpaare anzeigen. Der Lehrauftrag durch die App bleibt natürlich, nur die offensichtlichen Lernprinzipien treten in den Hintergrund, damit der pure Spielspaß in den Vordergrund rücken kann.
Unsere Auswahl an Spielen versucht, die spaßzentrierte Sprachvermittlung widerzuspiegeln. Durch die touchbasierte Interaktion und die Einsprechmöglichkeit soll das Kind dazu animiert werden, einzelne Wörter und Wortpaare innerhalb des Spielflusses zu verarbeiten, indem es aktiv auf das Spielgeschehen reagiert. So soll das Flüchtlingskind in der Bäckerei mithelfen, die richtigen Zutaten in die richtige Reihenfolge zu bringen und durch Auswahl der richtigen Temperatur- und Zeiteinstellungen die Küchengeräte zu bedienen. Das Spiel reagiert dynamisch darauf, welche Eingaben getätigt werden und spart auch an nicht an humorvollen Szenen, um den Lerneffekt zu unterstützen. Ein Rutschenspiel, welches nicht in der Cupcake-Experience enthalten ist, lehrt auch grundlegende Konzepte von Richtung und Farbe, indem es sprachliche Anweisungen an das Kind richtet, um den Charakter sicher zu Boden des Kinderspielplatzes zu führen. Die Spiele greifen also auch in lebensnahe Erfahrungen der Kinder ein, um eine Verbindung zur physischen Welt herzustellen.
Während die bisher genannten Spiele darauf abzielen, sprachliche Grundlagen und verwandte Wörter zu vermitteln, wie zum Beispiel in der Bäckerei, geht es beim letzten der drei Spiele - dem Konversationsspiel beim Friseur - vielmehr darum, bereits verinnerlichtes und neu erlerntes Wissen im Spiel anzuwenden. Denn während das Kind durch aktives Mitmachen spielerisch Deutsch lernen soll, baut es ähnlich wie Erwachsene prozessbegleitet Wissen auf, verfestigt und verarbeitet es anschließend. So sollen sowohl Kinder als auch Erwachsene durch die praktische Anwendung der Sprache in eine positive Motivationsspirale gelangen. Bei Kindern fällt dieser Effekt besonders stark aus, wenn die Umsetzung sinnvoll gestaltet ist.
7. Prototyp
Unser Prototyp deckt alle elementaren Schritte in der Bedienung einer Spieleapp ab, von einem kurzen Tutorial bis hin zu den Minispielen. Die Live-Demo ist in drei Hauptabschnitte unterteilt. Zu Beginn erklärt die App, wie die Interaktion in der virtuellen Stadt funktioniert und dass die Aufgabe darin besteht, Herausforderungen in den einzelnen Minispielen zu erfüllen, um am Ende Sterne zu verdienen. Es folgt eine Überleitung zu einem Spiel, welches auch einen kurzen Überblick über die Aufgabe gibt, die das Kind zu lösen hat. Und nach Spielende hat das Kind immer die Möglichkeit, den Fortschrittsverlauf fortzusetzen oder wieder zur Stadtansicht zurückzukehren.
Um das Spielerlebnis zu verbessern und die Flexibilität des Spiels zu gewährleisten, ist die Benutzeroberfläche mehrsprachig aufgebaut, indem sie die Möglichkeit bietet, zwischen der Heimatsprache und der Zielsprache Deutsch umzuschalten und eine sprachliche Ausgabe des Textes anzuhören. Grundsätzlich geht es aber darum, den Kontext aus der Spielhandlung selbstständig erschließen zu können. Aus diesem Grund gibt es auch Peter, den Buddy in Form eines lustigen und freundlichen Papageis, der unten links auf dem Display Platz gefunden hat. Wenn das Kind nicht weiß, was es in der Stadtansicht oder im Level tun soll, kann das Kind entweder im Chat oder als Sprachmemo mit dem Papagei kommunizieren. Der Papagei hat eine Chatbot ähnliche Funktion und gibt nur für das Spiel geeignete Antworten, um Verständnisprobleme oder Unklarheiten zu klären. Das fördert nicht nur die Benutzererfahrung des Kindes in der App selbst, sondern auch die selbstständige Sprachanwendung über das reine Spielerlebnis hinweg.
Und das ist mitunter das Wesentliche, was wir mit Polys auch unterstützen wollen, dass die Kinder sich eines Tages in der Lage sehen, die deutsche Sprache vor allem selbstbewusst zu nutzen und Integrationserfolge in der Bildung, Gesellschaft und später auch in der Arbeitswelt einzufahren. Dafür steht Polys, die Spieleapp für Flüchtlingskinder, die Spaß als Gestaltungselement nutzt, um Sprache und Kultur niederschwellig zu vermitteln.
Luca Palanga, Victor Blaga, Ron Eros Mandić
BetreuungDominik Witzke
VeröffentlichungSommersemester 2024
TagsUser Experience Application Design User Centered Prototyp Figma
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