Anima
Ärzte retten tagtäglich Leben. Sie vollbringen Erstaunliches und müssen stets fokussiert sein. Wenn es zu einem Notfall in einer Klinik kommt, muss alles schnell gehen. Der Arzt wird meist auf dem Weg zum Notfallort gebrieft und über den aktuellen Zustand des Patienten informiert. Leider sind Krankenhäuser meist sehr groß und aufgrund einer wachsenden Zahl an Anbauten immer unübersichtlicher. Gerade neue Ärzte haben es anfangs schwer, den schnellsten Weg zu einem Zimmer zu finden. Oft versperren Liegen, ein Techniker oder ein defekter Aufzug den Weg. In diesen Situation geht wertvolle Zeit verloren.
Mit Anima wollten wir ein Konzept zur Navigation eines Arztes in einer Klinik schaffen, welches gänzlich ohne visuelle Anzeige auskommt und die Sinne des Arztes nicht blockiert.
Synthese
Wir sprachen mit einer Chefärztin einer Kinderklinik um genauere Informationen zum Ablauf während Notfalls zu bekommen. Ein größeres Problem, welches sich herauskristallisierte, war die Nachrichten-Verteilung. Die Informationskette zwischen “Notfall ist passiert” und “Arzt ist auf dem Weg” war zu lang. Des Weiteren müssen die Ärzte je nach Notfallart und -ort ggf. das Gebäude wechseln, was bei den bereits angesprochenen, unübersichtlichen Bauplänen einen entscheidenden Zeitfaktor ausmachen kann.
Ideation
Um die Probleme, die wir in der Synthese gefunden haben, zu lösen definierten wir zuerst eine genaue Problemstellung.
Ein neuer Stationsarzt in einer Klinik benötigt ein intuitives Navigationssystem während einem Notfall um schnellstmöglich von seinem aktuellen Standort zum Notfallort zu gelangen.
Mit der Crazy-Eight-Methode (Design Thinking Methode um in 8 Minuten 8 Ideen zu generieren) hatten wir schnell einige Lösungsansätze. Mit Rücksicht auf die technische Umsetzbarkeit entschieden wir uns für ein rein auditives Navigationssystem, welches per Knochenschall funktioniert.
Knochenschallkopfhörer erzeugen durch Vibration vor dem Ohr Schallwellen im Gehörgang selbst. So sind die Geräusche von Außen nicht zu laut, aber für den Tragenden gut wahrnehmbar. Der Vorteil ist, dass die Ohren frei bleiben und der Arzt weiterhin über den aktuellen Patientenstatus informiert werden kann.
Die Notfälle werden direkt einem Arzt zugewiesen und die Route zum Notfallort wird unter Berücksichtigung der oben genannten Faktoren berechnet. Der Arzt erhält ein akustisches Signal bevor die eigentliche Navigation startet.
Entwurf
Es lag nahe, dass eine klassische akustische Navigation per Sprache, wie wir sie von z.B. dem Auto kennen, nicht funktionieren würde. Nach einigen Tests mit zwei Piezo-Lautsprechern, welche wir an einen Mikrocontroller anschlossen, generierten wir Sounds im Tonstudio der Hochschule.
Die Navigation links und rechts wird durch den Interval zwischen den Sounds dargestellt. Ähnlich einem Geigerzähler erhöht sich die Anzahl der “Klick”-Geräusche pro Sekunde, je näher man der Abbiegung kommt. Die Signale werden nur auf dem Ohr abgespielt, welches in die richtige Richtung weist. Dadurch konnten wir eine intuitive Navigation erzeugen.
Zudem generierten wir Sounds für Stockwerkwechsel und wenn der Arzt falsch abgebogen ist.
Prototyping
Für den finalen Funktionsprototypen haben wir uns dazu entschieden, dass wir eine Draufsicht eines Raumplans nachbauen. Diesen haben wir erst als Modell gebaut und anschließend mit Polystyrol tiefgezogen. Unter die tiefgezogene Form legten wir ein Grafiktablett (Wacom), anhand dessen wir eine genaue X und Y Position des dazugehörigen Stiftes auslesen können. Dieser Stift simuliert in unserem Prototypen den Nutzer, welcher sich so durch die Gänge bewegen kann. Anschließend haben wir eine Software entwickelt, welche alle möglichen Start und Ziel-Punkte kennt. Je nach dem in welchem Raum der Nutzer den Stift aufsetzt wird eine andere Route gestartet. So lassen sich einfach „größere“ Distanzen zurücklegen. Zudem wurde der Prototyp mit einem hölzernen Rahmen umgeben, sodass man die darunter liegende Technik nicht sieht.
Um wichtige Nutzertests durchführen zu können, entwickelten wir einen zweiten Prototyp, der in einem Rucksack verstaut werden konnte. Mit einer selbst programmierten Smartphone-App schickten wir Signale zu den Kopfhörern und konnten so unter “realen” Bedingungen unser System testen und optimieren.
Jan Hassel, Lukas Kenntner, Marc Martin
BetreuungProf. Jens Döring
VeröffentlichungSommersemester 2016
Tags
Hinterlasse einen Kommentar